Vergeben und Vergessen

Buch

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Aus dem Spanischen übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Lutz Kliche

Gebunden, Fadenheftung, Lesebändchen

208 Seiten

CHF 23.00, EUR 23.00

ISBN: 978-3-85990-010-3


1 Rezension

In einem nicaraguanischen Dorf verprasst eine ganze Familie auf unerhörte Weise das Erbe des Vaters. Stasi-Chef Mielke bringt den republikflüchtigen Fussballstar Lutz Eigendorf zur Strecke. In Kolumbien wird ein Fussballstar umgebracht, weil er im entscheidenden Qualifikationsspiel der Nationalmannschaft ein Eigentor schiesst. Das Schicksal beschert einer jungen Nicaraguanerin nach vielen Jahren die verlorene Mutter zurück, doch es ist zu spät für einen Neuanfang. Ein Rechtsanwalt bringt den vermeintlichen Liebhaber seiner Frau um, um im Moment der Tat festzustellen, dass er in eine Falle getappt ist.

Ein prall gefüllter Nachttopf mit Männerschaum schafft Aufruhr im Haus einer ehrbaren Witwe. Ein ehemaliger Baseballstar verbringt sein Leben als Sektenprediger und wartet darauf, dass ihn sein grosses Trainervorbild in den Baseballhimmel holt. Ein Filmemacher erfährt nach vielen Jahren, dass sein Vater nicht sein Vater ist, ihn aber umso mehr geliebt haben muss.

Ganz in der Tradition so berühmter lateinamerikanischer Autoren wie Jorge Luis Borges und Julio Cortázar schafft Sergio Ramírez es mühelos, seine Leserschaft in den Bann zu schlagen und in die Zwielichtzone zwischen Realität und Imagination, zwischen Wirklichkeit und Wahn zu entführen, die so typisch ist für die lateinamerikanische Literatur und die auch etwas zu tun hat mit der ungeheuren Gewalt der tropischen Umwelt, die unsere europäischen Sicherheiten und Gewissheiten nicht zulässt.

Doch ist Ramírez ein globaler Schriftsteller, ein echter Kosmopolit: Seine Geschichten spielen auf dem nicaraguanischen Dorf genauso wie in Deutschland, Kolumbien oder in den USA. Unzweifelhaft gehört Ramírez zur ersten Garde der zeitgenössischen lateinamerikanischen Autoren.

Rezensionen

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Pibe, der Stürmerstar

P.S. / 24.2.05

Im Weltmeisterschaftsausscheidungsspiel steht es Minuten vor dem Ende 1:1. Den Nicaraguanern genügt das Unentschieden, die Paraguyaner brauchen unbedingt einen Sieg. Den ermöglicht ihnen der nicaraguanische Stürmerstar Pibe Cabriola, indem er im eigenen Strafraum, gegen alle taktischen Anweisungen aushelfend, ein selten dummes Eigentor produziert. Sein Stürmerkollege und Jugendfreund schildert als Ich-Erzähler, was anschliessend geschieht: Wie Pibe zuerst von einem TV-Reporter unwidersprochen als Verräter hingestellt wird. Er versteckt sich, einzig vom Jugendfreund besucht, in seiner Villa. Als er es nach einigen Wochen nicht mehr aushält, besucht er eine Bar. Um ihn bildet sich so etwas wie ein leerer Raum. Auf dem Nachhauseweg wird er umgebracht. Diese sich an der Realität anlehnende Geschichte ist eine von Sergio Ramirez, der lebendig und spannend berichtet. kl.