Musskeeba

Buch

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Gebunden, Fadenheftung, Lesebändchen

224 Seiten

CHF 24.00, EUR 24.00

ISBN: 978-3-85990-122-3


3 Rezensionen

„Musskeeba“: So bezeichnet man in Mandinka, der verbreitetsten Sprache Gambias, eine nicht mehr junge, reife Frau. Musskeeba nennt man aber auch die erste Frau eines in Polygamie lebenden Mannes. Corinne Banora ist eine Musskeeba. In der Romandie, wo sie lange Zeit lebte, hat sie, eine Schweizerin, Demba, einen aus Gambia stammenden Wirtschaftsflüchtling, geheiratet. Es war eine Liebesheirat. Doch zwei Monate nach ihrer Hochzeit erlebt sie einen Schock. Demba eröffnet ihr, dass er sich später eine zweite Frau nehmen werde, eine Cousine väterlicherseits. Dies wurde bereits vor seiner Emigration aus Gambia mit seinem Vater abgesprochen, der ihm den Segen dazu gab.

Das Thema Polygamie hatte sie bisher kaum beschäftigt, damit hatte sie nicht gerechnet. Corinne Banora begann sich intensiv mit Kultur und Religion ihres Mannes auseinanderzusetzen, trat später sogar zum Islam über. Einige Jahre danach beschloss sie während einer tiefen Lebenskrise, mit ihrer kleinen Tochter nach Gambia zu reisen und Dembas Zweitfrau Awa aufzusuchen. In der Art eines intimen Tagebuches beschreibt sie diesen etwa ein halbes Jahr dauernden Aufenthalt in der afrikanischen Gemeinschaft.

"Musskeeba" ist eine kritisch beobachtete, kluge Kulturreportage über den Alltag, über die Erlebnisse mit ihrer geliebten Tochter, über Freundschaft, Eifersucht, Aberglauben, afrikanische Lebensfreude, aber auch über Schmutz, Krankheiten, Hinterlist und Missgunst in einem sozialen Biotop ohne Zukunftsperspektive. Sie gibt einen ungemein lebendigen Einblick in diese halb islamisch, halb animistisch geprägte Kultur. Den dramatischen Handlungsfaden liefert die Auseinandersetzung mit der Nebenbuhlerin Awa. Eine vorsichtig zurückhaltende Freundschaft wandelt sich zum konfliktgeladenen Nebeneinander und schliesslich zur offenen Feindschaft. Ihre Erlebnisse veranlassen die Autorin immer wieder zu Reflexionen über die afrikanisch-islamische Kultur und die Lage der Frauen in den Ländern Westafrikas. Sie spricht aber auch zu all den Frauen, die sich als "westliche Opfer" der Polygamie in ähnlicher Lage wie sie selbst befinden.
Ihre Begegnung mit der fremden Kultur hat Corinne Banora manche Illusionen genommen, aber zugleich ihr Verständnis und ihre Liebe für die Menschen Westafrikas stärker und reifer gemacht.

Rezensionen

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Was fünf Zürcher Verlage unter den Baum legen würden

Verena Stettler, Tagesanzeiger / 17.12.07

Vor Weihnachten hoffen alle Verlage, dass Kritikerinnen und Kritiker ihre Bücher als Geschenkideen empfehlen. Wir machen es umgekehrt: Von den vielen Zürcher Verlagen haben wir fünf gebeten, aus ihrem neusten Programm nur ein einziges Buch zu empfehlen. Für jeden Verlagsmenschen eine Zumutung, denn Herz, Kopf und Kasse wünschen allen Titeln einen reissenden Absatz. Doch hier ist die persönliche Auswahl der fünf: Lebenstaggeschichten, Liebesbriefe, Bilderkunst, afrikanische Ehedramen und Literatur voller Schweiz und Welt.

Verena Stettler (*1949) ist seit Gründung der Edition 8 im Frühling 1998 Mitverlegerin (eine von 8, daher der Verlagsname) und Lektorin. Zuvor arbeitete sie fast zwanzig Jahre für den Eco-Verlag. Daneben ist sie Lehrerin im Teilpensum an einer Primarschule der Stadt Zürich.

«Ich habe für unser Herbstprogramm das Buch ‹Musskeeba› von Corinne Banora lektoriert, das mich sehr angesprochen hat. Es ist der autobiografische Bericht einer Schweizerin, die in der Schweiz einen Afrikaner kennen lernt und ihn heiratet. ‹Musskeeba› nennt man in Gambia die erste, reifere Frau eines Mannes. Eines Tages erfährt Corinne Banora von ihrem Mann, dass er in seiner Heimat eine zweite Frau heiraten will, wie es in der dortigen muslimischen Gesellschaft weit verbreitet ist. Die Schweizerin lässt sich auf das Ausserordentliche ein und reist nach Westafrika, um die jüngere Frau kennen zu lernen. Die zurückhaltende Freundschaft, mit der sie dort empfangen wird, wandelt sich bald zu zermürbenden Konflikten und endet schliesslich in offener Feindschaft. Nach einem halben Jahr in Gambia kehrt Corinne Banora mit ihrer kleinen Tochter in die Schweiz zurück. Trotz einiger bitterer Erfahrungen ist ihr Verständnis für die Menschen in Westafrika gewachsen. Corinne Banora ist keine naive Schwärmerin, die nur das Abenteuer suchte. ‹Musskeeba› liest sich spannend, es ist eine Reisegeschichte mit einer Fülle von Informationen über die städtische afrikanische Gesellschaft und über die Gründe, weshalb so viele Afrikaner von Europa träumen.»

(Auszug)

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Lesenswertes Buch über europäisch-afrikanische Beziehungen

afrika-buchtipps.de

Musskeeba ist in Gambia bei den Mandinka die Bezeichnung für eine ältere weise Frau aber auch für die Erstfrau in einer polygamen Beziehung. Die Schweizerin Corinne Banora ist für einige Zeit eine Musskeeba gewesen und berichtet in ihrem gleichnamigen Buch über ihren mehrmonatigen Aufenthalt in Gambia.

Corinne Banora heiratet einen Mann aus Gambia, wenige Monate nach der Hochzeit erklärt dieser ihr, dass er in Gambia eine zweite Frau heiraten wird. Eine Verwandte, der er schon länger versprochen ist. Corinne Banora bleibt trotz des Schocks dieser Nachricht mit ihm zusammen, beschäftigt sich vermehrt mit seiner Kultur und seiner Religion. Nach einigen Jahren reist sie mit ihrer kleinen Tochter nach Gambia, gewissermaßen um das Zusammenleben mit ihrer Mitehefrau auszuprobieren. Der Ehemann bleibt während dieser Zeit in der Schweiz, so dass sie ganz auf sich allein gestellt ist.

Genau dies ist der Reiz des Buches, die Autorin macht ihre Erfahrungen alleine ohne den Ehemann als Vermittler aber auch ohne ihn als Konfliktträger, sie kommt somit direkter an die Menschen dort als wenn er dabei wäre.

Corinne Banora beschreibt ihre Erfahrungen sehr offen und sympathisch, sie versucht nicht zu werten über traditionelle und kulturelle Gegebenheiten, v.a. auch nicht über die Polygamie. Das Buch dokumentiert eine Reise nach Gambia, am Ende der Reise steht das Scheitern der Paarbeziehung, das Ende des Versuches in Polygamie mit ihren Mann zu leben.

Ein lesenswertes Buch über ein in europäisch-afrikanischen Beziehungen leider immer wieder vorkommendes Problem: die zweite (oder gar erste) Frau in der Heimat des Ehemannes. Das Buch zeigt dieses Problem sehr deutlich, es warnt auch davor, denn meistens erzählen die afrikanischen Männern von der zweiten Frau nicht so offen wie in diesem Fall. Corinne Banora verdammt dabei jedoch nicht die afrikanischen Männer, sondern zeigt, dass es auch die Hoffnung gibt, dass es ein Zusammenleben geben kann, auch wenn das ihr selbst und ihrem Mann letztendlich nicht gelungen ist.