Stuart Hood

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Stuart Hood

geboren 1915 in Schottland, gestorben am 31. Januar 2011. Hood wurde nach früher Lehrtätigkeit in Schottland im Zweiten Weltkrieg Nachrichtenoffizier in Nordafrika, dann Partisanenführer in Italien. Nach dem Krieg arbeitete er als Journalist, war Nachrichtenchef bei der BBC, Dokumentarfilmer und Universitätsdozent. Er hat verschiedene Sachbücher und acht Romane veröffentlicht sowie Literatur aus dem Italienischen, Russischen und Deutschen ins Englische übersetzt, darunter Werke von Dario Fo, Erich Fried und Hans Magnus Enzensberger. In der edition 8 liegen bislang von ihm der autobiografische Bericht "Carlino" und der Roman "Das verrohte Herz" vor.

Übersetzung: Stefan Howald

Hintergrund

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Wie das Herz verroht / Stefan Howald über Stuart Hood

Der schottische Autor Stuart Hood hat wichtige Romane über das kurze 20. Jahrhundert geschrieben, deren Behandlung von Politik und Gewalt auch heute aktuell bleibt. Stefan Howald, der zwei von Hoods Büchern ins Deutsche übersetzt hat, berichtet über ein faszinierendes Leben und ein eindrückliches Werk

Im soeben auf Deutsch vorgelegten Roman Das verrohte Herz von Stuart Hood gibt es eine Schlüsselpassage. Darin erinnert sich die Hauptfigur, Alasdair, an die Geschichte einer früheren Freundin, Shoshana, die als Widerstandskämpferin kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs jüdischen Familien die Flucht aus dem faschistischen Italien ermöglicht. Bei einer Rettungsaktion ist plötzlich einer zu viel in der Gruppe, und nach einer flüsternden Beratung mit ihrem Stellvertreter entscheidet Shoshana, dass der Unbekannte getötet werden muss, um die andern nicht zu gefährden.

Dasselbe Motiv findet sich in Stuart Hoods autobiografischem Bericht Carlino über seine Zeit als Partisanenführer 1944 in Italien. Als Hood von einem alliierten Flugzeug abgeworfene Waffen einsammeln will, ist in seiner Truppe plötzlich einer zu viel, und nach einem Verhör des Verdächtigen gibt Hood den Befehl, diesen zu liquidieren. Noch heute trage ich am Tod des Unbekannten, sagt die jüdische Agentin Shoshana im Roman; noch heute bewegt mich die Frage, ob ich einen Unschuldigen umbringen liess, hat Stuart Hood im Gespräch mit mir gemeint.

Ich hatte ihn im Jahr 2001 in Brighton besucht, als ich sein autobiografisches Buch ins Deutsche übersetzte. Kennen gelernt hatte ich ihn schon ein paar Jahre früher, als Übersetzer deutscher Literatur. 1915 geboren, stand Hood damals in seinen Achtzigern, war ungemein präsent, mit einer faszinierenden Geschichte. Als Lehrer ausgebildet, engagierte er sich früh in der britischen Kommunistischen Partei. Im Zweiten Weltkrieg war er wegen seiner Sprachkenntnisse britischer Nachrichtenoffizier in Nordafrika, wurde gefangen genommen und in ein Gefangenenlager nach Norditalien verfrachtet; 1944 schloss er sich dort den Partisanen an und kämpfte in der Toskana gegen faschistische Milizen und deutsche Truppen. Nach der Befreiung Italiens kehrte er nach England zurück, überquerte dann mit den vorrückenden britischen und US-amerikanischen Truppen den Rhein und arbeitete schliesslich als Nachrichtenoffizier im besiegten Deutschland.

Eine Episode, die er mir erzählte, zeigt seine unorthodoxe Haltung. In Hannover stiess Hood 1945 in einem requirierten Haus auf das 1939 veröffentliche Buch Auf den Marmorklippen von Ernst Jünger. Jünger, ehemals Offizier der diskreditierten deutschen Wehrmacht, war von den Alliierten mit Publikationsverbot belegt worden, weil er sich geweigert hatte, den Fragebogen zur Entnazifizierung auszufüllen. Hood übersetzte ein Kapitel aus dem Buch ins Englische und besuchte Jünger in Kirchhorst. »Ich hatte mit Überlebenden aus den Konzentrationslagern gesprochen. Doch auf ganz merkwürdige Weise war das, was Jünger über die KZ schrieb – die er natürlich nicht so nannte –, anschaulicher als die direkten Berichte. Es gibt gewisse rechtsgerichtete Autoren, wie Louis-Ferdinand Céline oder eben auch Jünger, die einem, trotz politisch entgegen gesetzter Position, zuweilen neue Einblicke ermöglichen.« Ein sich als Marxist verstehender britischer Offizier übersetzt den Text eines verfemten konservativen deutschen Autors für einen alliierten Lagebericht: Geradezu ein Sinnbild für die vielfältigen Gemengelagen nach dem Krieg.

Aus der Armee entlassen, begann Hood als Journalist zu arbeiten, in ständigem Kontakt mit italienischen und deutschen Emigranten. Zwei Jahre lang lebte er beispielsweise mit Erich Fried zusammen, der 1938 nach London emigriert war. Hood machte eine Karriere bei der BBC, wurde später Professor an einer Filmhochschule. Ab 1970 veröffentlichte er Übersetzungen, aus dem Russischen, dem Italienischen, dem Deutschen. So übertrug er Pier Paolo Pasolini und Dario Fo ins Englische, wirkte auch als Simultanübersetzer bei ersten Theateraufführungen von Dario Fo in England. Dazu übersetzte er Hans Magnus Enzensberger und Erich Fried, mit dem er den Kontakt erneuerte. Material aus dieser Zeit verarbeitete er später im Roman Das verrohte Herz (1989).

Um 1970 war Frieds Londoner Haus eine exterritoriale Anlaufstelle für die ausserparlamentarische Opposition in Deutschland geworden. Wie Hood erzählte: »Ich lernte Dutschke und andere Studentenführer kennen und war ebenso interessiert an ihrer Theorie wie an ihrem Verhalten. Mich faszinierte das Paradox, wie man zugleich libertär und sexistisch sein konnte. Bei Fried traf ich auch etliche spätere Mitglieder der Roten Armee Fraktion, einige davon erkannte ich, andere nicht.« Das verrohte Herz thematisiert »diese merkwürdige Mischung aus Idealismus und der Neigung, die Dinge ins Extrem voranzutreiben, jenseits aller Rationalität, beinahe in die Unwirklichkeit, in eine vollkommen selbstbezügliche Welt hinein.«

Dabei bemühte sich Hood, wie andere Linksintellektuelle, um eine Position der kritischen Solidarität. 1977 unterschrieb er, mit Erich Fried, Peter Brückner und andern, einen offenen Brief an den Spiegel, in dem die Briefschreiber die Absage des ehemaligen RAF-Mitglieds Hans-Joachim Klein an den bewaffneten Kampf begrüssten und erklärten, »politische Morde sind in einer Gesellschaft wie der Bundesrepublik Deutschland nicht zu rechtfertigen«, gleichzeitig jedoch betonten: »Leider aber trägt die Art, wie heute und in den letzten zwei, drei Jahren in der Bundesrepublik Linksextremisten oder sogenannte Linksextremisten bekämpft werden, die Gefangenenund ihre Anwälte behandelt und wie Prozesse geführt werden, Mitschuld daran, dass Menschen derartige Untaten begehen.«

Ende der 1980er-Jahre beschäftigte sich Hood erneut intensiv mit der RAF und veröffentlichte 1989 den Roman The Brutal Heart, der jetzt mit zwanzigjähriger Verspätung auf Deutsch erscheint. Einige der Figuren, Motive und Orte lassen reale Vorbilder durchscheinen. Im gastfreundlichen Haus in Nordlondon mit dem Holzschuppen im Garten finden sich Anklänge an Frieds Haus, die Figur von Erika Straub trägt Züge von Ulrike Meinhof wie von Gudrun Ensslin, die ehemalige Pornodarstellerin Nuschi solche von Uschi Obermaier. Anderes ist tatsächlich dokumentarisch: So werden einige Manifeste der RAF zitiert, und die Darstellung der Haftbedingungen von Erika stützt sich auf Beschreibungen der Zelle von Ulrike Meinhof.

Trotzdem heisst das Buch im Untertitel: Ein Roman. Und das zu Recht. Hoods Buch zeigt die Stärken fiktionaler Verarbeitung. Über die Macht der Gewalt lässt sich im Roman Eindrücklicheres lernen als jüngst im Kino in der pseudo-dokumentarischen deutschen Grossproduktion Der Baader-Meinhof-Komplex. Gegenüber den meisten deutschen literarischen Aufarbeitungen zeichnet sich Hoods Buch durch eine zusätzliche Vielschichtigkeit aus. Das hängt mit der Hauptfigur zusammen. Alasdair, in den 1930er Jahren politisiert, später als Übersetzer tätig, kennt verschiedene politische Bewegungen und kulturelle Milieus. Als englischer Offizier hat er im Zweiten Weltkrieg gegen den Faschismus gekämpft und kann den antifaschistischen Impuls der deutschen 68er gut verstehen. Gegenüber seiner politischen Desillusionierung versprechen sie die spektakuläre, heroische Tat. Umgekehrt weiss er aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, wenn Menschen getötet werden. Immer wieder holen Alasdair die schrecklichen Erinnerungen des Zweiten Weltkriegs eindringlich ein. So sieht er fasziniert und zugleich abgestossen zu, wie sich die Spirale der Gewalt für eine neue Generation erneut zu drehen beginnt, wie das Engagement umkippt in die Selbstbezüglichkeit, ins Wahnsystem hinein weiterdreht. Und wie die Pathologie der Gruppe funktioniert.

Jene Schlüsselszene, in der im antifaschistischen Widerstand ein Verdächtiger liquidiert wird, findet sich auch in der Geschichte dieser Stadtguerilla. So wird die Leiche eines Mitglieds, das sich Anweisungen widersetzt hat, verscharrt in einem Wald gefunden. Alasdair versucht auch das zu rechtfertigen: Womöglich muss das Herz im politischen Kampf verrohen. Muss es das wirklich? Eigentlich weiss er, dass die historischen Situationen nicht vergleichbar sind, und trotzdem hat er nichts gegen die angekündigte Hinrichtung unternommen, so dass seine kritische Solidarität bis hin zur Mitschuld reicht.

So finden sich in Hoods Büchern immer wieder tief schürfende politisch-ethische Reflexionen. Und sie sind zugleich eindrückliche literarische Vergegenständlichungen, deren lakonische Wucht tief bewegt. Die edition 8 leistet mit den beiden Büchern wichtige Beiträge zum kritischen Gedächtnis.

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Stuart Hood (1915–2011) / Nachruf auf Stuart Hood von Stefan Howald

Mit grosser Bestürzung und Trauer habe ich erfahren, dass der schottische Autor, Übersetzer und Filmemacher im Alter von 95 Jahren gestorben ist.

Hood war eine faszinierende Persönlichkeit, die vielfältige Spuren im europäischen Kulturleben hinterlassen hat. Während des Zweiten Weltkriegs kämpfte er als Mitglied einer internationalen Partisaneneinheit in Norditalien. Nach dem Krieg modernisierte er zuerst den Radiodienst der BBC und danach als Programmdirektor das BBC-Fernsehen. Als Professor für Film- und Medientheorie unterstützte er experimentelle Filme. Er übersetzte deutsche und italienische und russische Literatur ins Englische, und in acht Romanen behandelte er zentrale Ereignisse der zeitgenössischen Geschichte und stellte sich grundlegenden politisch-moralischen Fragen.

Hood wurde 1915 in Schottland geboren; schon als Junge brachte ihm der Vater Deutsch bei. An der Universität Edinburgh lernte Hood Französisch und Russisch, später während des Zweiten Weltkriegs Italienisch.

Hoods Erfahrungen im Krieg waren vielfältig, verstörend, traumatisch, aber auch ermutigend durch die erlebte antifaschistische Solidarität, und sie prägten ihn sein ganzes Leben lang. Ende Juni 1942 war er als britischer Nachrichtenoffizier bei Marsa Matruk in Ägypten in italienische Kriegsgefangenschaft geraten und später in ein Kriegsgefangenenlager in Norditalien verschoben worden. Nach der Absetzung Mussolinis sowie dem Waffenstillstand zwischen der neuen italienischen Regierung und den Alliierten sah er sich im September 1943 in einer prekären Freiheit: Der italienische Kommandant des Kriegsgefangenenlagers liess die 400 britischen Offiziere zwar frei, die jedoch von den deutschen Truppen und von faschistischen Milizen der von Mussolini im deutschen Einflussbereich gegründeten Republik von Salò gejagt wurden. Deshalb begann Hood zusammen mit einem Kameraden, den Apennin zu überqueren, da er hoffte, die in der Südspitze Italiens gelandeten alliierten Truppen würden in der Zwischenzeit bis in die Toskana vorrücken.

Diesen Monaten in einem Niemandsland, einem halb traumhaften Übergangszustand folgt, kontrastierend, Hoods Anschluss an eine italienische Partisanengruppe. Gegen jede falsche Heroisierung verdeutlicht er die unterschiedlichen Motive und Haltungen der zusammengewürfelten internationalen Widerstandsgruppe. Knapp entkommt Hood beim Überfall faschistischer Milizen dem Tod, stürzt auf der Flucht in abgrundtiefe Verwirrung und Verzweiflung. Bis er in ein neues Netz des Widerstands gerät, solidarisch und bedrohlich zugleich. Der Kampf gegen die deutschen Truppen führt Hood in bittere moralische Zwangslagen, Menschenleben gegeneinander abzuwägen, auf Verdacht hin mögliche Verräter und Spione töten zu müssen.

Bereits 1963 schrieb Hood darüber einen Rechenschaftsbericht, der 1985 unter dem Titel Carlino erweitert neu aufgelegt wurde, jenem Namen, den er als Partisanenführer verwendet hatte. Das Buch, 2002 auf Deutsch in der edition 8 erschienen, ist eine der tiefgründigsten, scharfsinnigsten, zugleich elegischen Auseinandersetzungen mit dem Krieg, mit notwendiger Gewalt und den psychischen Belastungen und Beschädigungen, die Gewalt verursacht.

Nach dem Krieg hatte Hood vorerst beim Deutschen Dienst der BBC gearbeitet, war dann Leiter des Italienischen Dienstes, schliesslich zum Inlandradio geholt und zum stellvertretenden Chef der Nachrichtenabteilung befördert worden, um den verkalkten BBC-Rundfunk zu modernisieren. 1959 wurde Hood zum Programmverantwortlichen des BBC-Fernsehens ernannt. Er stellte die erste weibliche Nachrichtensprecherin ein, ermutigte Regisseure wie David Mercer und Ken Loach zu frühen Fernsehfilmen, gab eine neue realistische Polizeiserie Z Cars in Auftrag, die jahrzehntelang erfolgreich lief, und ermutigte die innovative Satiresendung That Was The Week That Was. Doch nach fünf Jahren fühlte er, dass sich der politische Spielraum bei der BBC verengte. Er wechselte zur kommerziellen Konkurrenz und arbeitete später als freier Filmproduzent sowie Drehbuchschreiber. 1972 ernannte ihn das Royal College of Art zum Professor für Filmstudien. Dabei kam es auch zu Kontakten mit der kontinentaleuropäischen Avantgarde; doch nachdem er 1976 seine Studenten unterstützte, die während einer Protestaktion das Verwaltungsgebäude besetzten, nahm er in »gegenseitigem Einvernehmen« seinen Abschied. Danach begann er, als freier Publizist zu schreiben und verarbeitete seine Erfahrungen in massgeblichen Sachbüchern zum Medium Fernsehen; in anderen Werken setzte er sich mit dem libertären Anarchismus des Marquis de Sade oder der einmaligen historischen Katastrophe des Holocaust auseinander.

1946 hatte Hood den 1938 nach London emigrierten österreichischen Dichter Erich Fried getroffen und kurzfristig mit diesem zusammengelebt. Später übersetzte er dessen Gedichte ins Englische, so wie er andere Literatur aus dem Deutschen, Italienischen und Russischen übertrug. Neben Erich Fried hat Hood auch Hans Magnus Enzensberger, Pier Paolo Pasolini und Dario Fo erstmals einem britischen Publikum präsentiert. Für Dario Fo spielte er im Übrigen bei Theateraufführungen in England den Simultanübersetzer.

Hood war seit seiner Jugend politisch interessiert und engagiert, stand lange Zeit der KP nahe und schloss sich in den 1970er Jahren für kurze Zeit einer trotzkistischen Gruppierung an. Nachdem er bereits früher drei Romane veröffentlicht hatte, kehrte er 1985 zum Romanschreiben zurück. Seine Bücher behandeln zentrale Themen der kurzen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Mit A Storm from Paradise (1985) wandte sich Hood der eigenen Familiengeschichte zu. Er hielt es für sein bestes Buch. Es ist die Geschichte eines schottischen Provinzlehrers, der sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in eine sozialistische Emigrantin aus Mitteleuropa verliebt; doch die unterschiedlichen Herkünfte und Lebenshaltungen lassen sich letztlich nicht überbrücken. Das Buch ist eine verhaltene, eindrückliche Vergegenwärtigung schottischer Landschaft und Gesellschaft, zugleich, wie alle Bücher Hoods, ein Ideenroman, der nicht vor grossen Themen zurückscheut. Das folgende Buch, The Upper Hand (1987), zeigt die Konfrontation zweier Jugend- und politischer Freunde in den Zeiten des Kalten Krieges. The Brutal Heart (1989) konfrontiert das Dilemma linksradikalen Terrorismus anhand der deutschen RAF (Rote Armee Fraktion).
In den 1970er Jahren hatte Hood die frühe Bekanntschaft mit Erich Fried erneuert, dessen Londoner Haus eine exterritoriale Anlaufstelle für die ausserparlamentarische Opposition in Deutschland geworden war. Dabei lernte Hood deutsche Studentenführer wie Rudi Dutschke aber auch etliche spätere Mitglieder der Roten Armee Fraktion kennen. Der Roman thematisiert, hat er gemeint, diese »merkwürdige Mischung aus Idealismus und der Neigung, die Dinge ins Extrem voranzutreiben, jenseits aller Rationalität, beinahe in die Unwirklichkeit, in eine vollkommen selbstbezügliche Welt hinein«.

Hoods letzter Roman The Book of Judith (1995) behandelt in äusserst komplexer und stimulierender Weise den spanischen Bürgerkrieg und das Ende der Franco-Diktatur, und setzt männlichen Gewaltfantasien eine feministische Subversion entgegen.

Hoods Leben und Werk waren immer wieder durch Geheimnisse, Versteckspiele Täuschungen durchzogen, und das galt besonders für seine letzten Jahre. Lange Zeit lebte er in einem Haus in Brighton und zog sich seit 2004 zusehends aus der Öffentlichkeit zurück. Seine letzte Ehefrau begann, Hood von der Aussenwelt abzuschirmen, wobei sie zusehends aggressiv alle Kontakte mit ihm abblockte, auch gegenüber dessen eigenem Sohn. Das letzte direkte Lebenszeichen von Hood an einen seiner Freunde stammte von Mitte 2007. Verschiedene Versuche, wieder mit ihm Kontakt aufzunehmen, scheiterten. Erst Mitte November wurde überhaupt bekannt, dass Stuart Hood bereits am 31. Januar 2011 verstorben war. Es ist ein verstörendes und unwürdiges Ende für einen bemerkenswerten Menschen und Künstler.

Zwei Werke von Hood liegen bei der edition 8 in Übersetzungen vor: Carlino (2002) und Das verrohte Herz (2008). Eine ausführliche Würdigung seiner vielfältigen Aktivitäten und internationalen Bezüge findet sich im Nachwort zu Carlino: Ein Buch, das mit allem Nachdruck empfohlen sei. Vielleicht lässt sich nach seinem Tod endlich ein engagierter Intellektueller, ein wahrer europäischer Geist entdecken, der sich politischen und ästhetischen und existenziellen Fragen gestellt hat, die weiter aktuell bleiben.

Dezember 2011, Stefan Howald